Momentan bereite ich mich im Rahmen meines Psychologiestudiums u.a auf ein Human-Factors Seminar vor, bei dem wir in einer Gruppe eine Präsentation halten werden. Unser Thema ist Aufmerksamkeit im Kontext von Flugzeugsteuerung, u.a wird der Hapag Lloyd Flug 3378 (Notlandung) thematisiert. Ziemlich spannend.
Bild: Wikipedia
U.a geht es darum, wie die Aufmerksamkeitsfähigkeit von Stress/ Angst beeinflusst wird. Eine Theorie, welche sich mit dem Thema beschäftigt ist z.B die Attentional Control Theory- kurz ACT (Eysenck et al., 2007). Die Theorie beschreibt eine Reihe spezifischer Veränderungen der Aufmerksamkeit, die als Folge von Angst (u.a stressbedingt) auftreten können.
Hinter der ACT steht ein sehr zentrales Modell, wie Aufmerksamkeit eigentlich gesteuert wird – nämlich dass Aufmerksamkeit durch zwei unterschiedliche Netzwerke generiert wird. Posner (1980) und Corbetta & Shulman(2002) sprachen von „two major attention networks”
Auf der einen Seite steht demnach ein endogenes Netzwerk dies ist durch top-down Prozesse gesteuert also eher zielorientiert (aus der Person kommend). Die Prozesse sind bewusst von der Person gesteuert ( “Ich habe mir etwas vorgenommen, darauf lenke ich meine Aufmerksamkeit”) d.h also man richtet die Aufmerksamkeit nach Wissen, Erwartungen und Zielen aus. Im Flugkontext wird dieses dann beeinflusst durch z.B das mentale Modell von Pilot*innen, dem fachlichen Wissen und auch der gerade aktuellen Flugphase in der sie sich befinden.
Auf der anderen Seite ist das exogenes Netzwerk, dies ist reizgetrieben, also stimulusorientiert und somit aus der Umwelt kommend. Dies wird von auffälligen und eher unerwarteten sensorischen Ereignissen beeinflusst. z.B im Flugkontext blinkenden Cockpit-Instrumenten oder andere Objekte, die unerwartet auftauchen.
Die ACT geht nun davon aus, dass Angst das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Netzwerken/Systemen stört, wobei das reizgesteuerte exogene Netzwerk dann den Vorrang hat und das zielgerichtete Netzwerk zurückdrängt.
Und und hier haben wir auch schon einen Bezug zum dem oben schon angesprochenen Hapag-Lloyd-Flug: Das Flight Management System bei diesem Vorfall zog in der Notfallsituation ( = Angst/Stress Situation) wohl so viel Aufmerksamkeit auf sich (reizgesteuert), dass es den Piloten über einen relativ langen Zeitraum wohl gar nicht mehr in den Sinn kam, wie man das Problem am besten ohne technische Unterstützung beheben kann (vgl. Badke-Schaub P., Hofinger G., Lauche K., 2012). Also hier war wohl das endogene System mitsamt dem Fachwissen eher im Hintergrund.
Ich finde das ganz schön bemerkenswert auch im Sinne wie man aufgrund solcher Erkenntnisse (die hier jetzt nat. etwas verkürzt und nicht in allen Details dargestellt sind) ggf dagegensteuern kann.
Denn wie so oft steht in den Unfallberichten dann „Human error“ und oft kann man sich fragen: War es wirklich ein „human error“ oder war es doch eher human error by design?
Schreibe einen Kommentar